Studium und Promotion

Frank Siegmund studierte 1975 bis 1982 Ur- und Frühgeschichte, (Quartär-) Geologie und Klassische Archäologie an der Universität Köln. Besonders faszinierend an Köln war für ihn die am dortigen Institut gelebte enge Verknüpfung der Ur- und Frühgeschichte mit wichtigen Natur- und Geisteswissenschaften, und die in Köln tätigen Dozenten, die eine von aktueller Forschung geprägte Lehre über die gesamte Zeitspanne von der Altsteinzeit bis ins Mittelalter boten.

Nach dem Erwerb aller „Scheine” begann er 1982 mit der Materialaufnahme für seine grundständige Promotion, betreut von seinem Doktorvater Gernot Jacob-Friesen und gefördert durch ein Stipendium der Gerda-Henkel-Stiftung. Eine anschließende Graduiertenförderung der Universität Köln sowie zahlreiche fachnahe Jobs und Auftragsarbeiten ermöglichten es ihm, ein - wie sich sukzessive zeigte - sehr umfangreiches Fundmaterial in den rheinischen Museen im Original aufzunehmen. Als Hugo Borger überraschend die Möglichkeit eröffnete, auch die berühmten Grabungen unter dem Xantener Dom zu bearbeiten, wurde diese Chance entschlossen ergriffen und gemeinsam mit dem Bearbeiter der römischen Gräber, Clive Bridger, ein zunächst unbewältigbar erscheinendes Konvolut an Dokumentation und Funden gesichtet und geordnet. Im Winter 1988 schloss Frank Siegmund die Dissertation ab und bestand Anfang 1989 das Rigorosum. Für seine Dissertation wurde er 1991 mit dem Albert-Steeger-Preis des Landschaftsverbandes Rheinland ausgezeichnet.

 

freelancer

Nach der Promotion war Frank Siegmund freiberuflich tätiger Archäologe. Sein anspruchvollstes Projekt war die Leitung einer Ausgrabung in einer Großbaustelle der Philipp-Holzmann AG am Rande der Düsseldorfer Altstadt, deren Ergebnisse wenig später in einer Sonderausstellung im Stadtmuseum Düsseldorf gezeigt wurden.

 

Universität Göttingen

Zum Winter 1990/91 holte ihn sein Doktorvater an die Georg-August-Universität Göttingen, wo er die üblichen Tätigkeiten im akademischen Mittelbau an einem kleinen Institut aufnahm: neben Aufgaben in der Lehre zuständig für die Bibliothek, den Aufbau einer vernetzten EDV usw.

Mit Lehr- und Forschungsgrabungen in Niedersachsen und Westfalen engagierte er sich in der regionalen Archäologie. Die größeren dieser Projekte waren auf jungneolithische Erdwerke ausgerichtet. Am Erdwerk Northeim-Kiessee wurde - erstmals in Niedersachsen - auch eine geomagnetische Prospektion durchgeführt.

Aus zwei Forschungsseminaren heraus konnte er - dank des außerordentlichen Eifers aller Teilnehmer - das kaiserzeitliche Gräberfeld von Porta Westfalica - Costedt bearbeiten und gemeinsam mit den Studierenden monographisch publizieren.

 

Habilitation

Nach einer materialreichen Dissertation lag es nahe, als nächstes Projekt ein mehr methodisches Thema mit historischer Fragestellung zu entwickeln. Die Wahl - motiviert auch durch den Münchner Lehrstuhlinhaber Volker Bierbrauer - fiel auf eines der großen, im Fach kontrovers diskutierten Themen: die ethnische Fragestellung. Kann man allein mit archäologischen Mitteln Völker / Stämme / Ethnien identifizieren? Als Anwendungsbeispiel für eine Fallstudie boten sich die frühmittelalterlichen Reihengräberfelder an, da hier eine reiche archäologische Überlieferung und feine zeitliche Differenzierung eine gute Basis boten. Nach eingehender Methodenreflektion wurde mit quantitativen Analysen gezeigt, dass sich im Frühmittelalter vier Gruppen untereinander ähnlicher Verhaltensweisen und einem Abgrenzungsbedürfnis gegen die jeweiligen Nachbarn herausarbeiten lassen, die mit den historisch überlieferten Alemannen, Franken, Thüringern und sächsischen Völkern identifiziert werden können. Diese Studie war Grundlage der 1996 in Göttingen erlangten „venia legendi”.

 

Privatdozent

Mit seiner ersten selbständigen Vorlesung zum Neolithikum, interdisziplinären Seminaren und der Organisation einer Ringvorlesung „Der Alte Mensch in Vergangenheit und Gegenwart” unterstrich Frank Siegmund, dass er in der Lehre weit mehr bieten wollte als eine Fokussierung auf das frühe Mittelalter.

Wesentliche Forschungsvorhaben in Göttingen nach der Habilitation waren die Mitwirkung an einem EU-weiten Projekt zur Vereinheitlichung der Chronologiesysteme für das frühe Mittelalter, das 1999 zu einer von ihm mitherausgegebenen Monographie führte, und die mehrfache Beteiligung an einer sehr lebendigen und stimulierenden internationalen Forschungsgruppe, die der Ethnologe Giogio Ausenda zu jährlichen Tagungen in San Marino zusammenführte. Für einen der Tagungsbände wurde Frank Siegmund gemeinsam mit dem Cambridger Germanisten Dennis Howard Green Herausgeber.

Eine Lehrstuhlvertretung an der Universität Bamberg (WS 1996/97) und ein vierstündiger Lehrauftrag im Fach Geschichte an der Universität Bielefeld (1999) erweiterten seine Lehrerfahrung.

 

Universität Basel

Zum Winter 1999/2000 nahm Frank Siegmund den Ruf auf das Ordinariat für jüngere Ur- und Frühgeschichte und Provinzialrömische Archäologie an der Universität Basel an. Er reorganisierte das Seminar, passte seine Lehre dem neuen Standort an und beteiligte sich an dem trinationalen Grabungsprojekt zum römischen Oedenburg im nahen Elsass. 2003-2004 konnten Forschungsgrabungen am Platz des weithin bekannten Silexabbaus in Kleinkems durchgeführt werden, die u.a. erstmals 14C-Daten für den Abbau erbrachten.

Unter den Mandatierungen F. Siegmunds für verschiedene Gremien bis hin zur Mitgliedschaft im Senat der Universität sei vor allem genannt seine langjährige Tätigkeit als Koordinator des damaligen Kompetenzzentrums Altertumswissenschaften, dessen gemeinsame Lehre, Studienberatung und Außendarstellung er koordinierte. Mit dem Ankommen der „Bologna-Reform” in Basel fiel ihm die Aufgabe zu, auch diesen Prozess für die Basler Altertumswissenschaften zu koordinieren. Mit Einführung der neuen BA-Ordnungen wurde er 2005 zum Vorsitzenden der neu eingerichteten Unterrichtskommission Altertumswissenschaften gewählt. Das neue Curriculum für das Fach Ur- und Frühgeschichte unterschied sich vom auslaufenden System vor allem durch mehr und verbindlichere Lerneinheiten zu den Feldern Praxis und „technical skills”.

Die im neuen System liegenden Chancen nutzte er auch, um zusammen mit vielen Schweizer Kolleginnen ein Zertifikat Archäo-Anthropologie zu entwickeln und anzubieten. Zum Jahr 2007 lud Frank Siegmund die DGUF Deutsche Gesellschaft für Ur- und Frühgeschichte und die SGA Schweizerische Gesellschaft für Anthropologie dazu ein, ihre jeweiligen Jahrestagungen unter dem Thema „Lasst Knochen sprechen: Archäo-Anthropologie heute” in Basel gemeinsam zu halten und richtete diese Tagung aus.

Wissenschaftlich bearbeitete er vor allem Themen der Schweizer Archäologie, u.a. die frühmittelalterlichen Gräber aus der Kirche in Biel - Mett im Kanton Bern, und legte eine diachrone Studie über die Körperhöhe der Menschen in Mitteleuropa von der Jungsteinzeit bis in die Neuzeit vor.

 

freelancer

Eine nach erfolgreicher Bologna-Reform vom Rektorat eingeleitete Neuausrichtung der Basler Altertumswissenschaften mit tiefen Eingriffen in die Inhalte und Strukturen führte zu nachhaltigen Konflikten, an deren Ende Frank Siegmund die Universität Basel 2011 verließ. Danach arbeitete er wieder freiberuflich als Archäologe, mit Projekten u.a. bei der Kantonsarchäologie Bern, dem forensischen Institut der Universität Bern und einem Lehrauftrag an der Universität Münster.

 

Universität Düsseldorf

Im April 2013 begann er eine Lehrtätigkeit an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf am Lehrstuhl für Alte Geschichte. Hier trug er mit archäologischen Perspektiven zum Studium des Altertums und der Geschichte bei. Die Themen seiner Lehre bewegten sich an der Schnittstelle von Geschichte und Archäologie, z. B. mit Vorlesungen über die Kelten oder das Barbaricum zur Römerzeit. Dieser Abschnitt endete mit Oktober 2018.

 

Universität Münster und DGUF

Seitdem arbeitet Frank Siegmund wieder als Lehrbauftragter an der Universität Münster. Seine Aufgaben dort liegen im Themenbereich Kultur und Kulturwandel sowie der Ausbildung in der Archäo-Statistik.

Im Ehrenamt wurde er im Mai 2013 zum stellvertretenden Vorsitzenden der Deutschen Gesellschaft für Ur- und Frühgeschichte e.V. (DGUF) gewählt. Seit 2012 ist er Leitender Herausgeber der Fachzeitschrift "Archäologische Informationen" und der Monografienreihe "Archäologische Berichte". Beide Schriften modernisierte er und überführte sie 2013 resp. 2014 auf das duale Erscheinen (Druck & online) im Open Access. Im Jahr 2017 gründete er zusammen mit Diane Scherzler ergänzend die DGUF-Reihe "Archäologische Quellen".