Sozialstrukturen: Annäherungen
Fallstudie "skandinavische Bügelfibeln" mit Runenritzungen
Anlässlich des vom Zentrum für Baltische und Skandinavische Archäologie (ZBSA) am 3. - 4. Februar 2011 in Schleswig ausgerichteten "Runen-Workshop" wurde Frank Siegmund gebeten, sich mit den "jütländischen" Bügelfibeln mit Runenritzungen im südgermanischen Bereich zu beschäftigen. Sein Vortrag behandelte die Zeitstellung und Herkunft der Fibeln und die soziale Einordnung der Grabinventare. Zur Diskussion standen jene vier Inventare mit Bügelfibeln mit Runenritzungen, für die in der Literatur aus stilistischen Gründen eine Herstellung in Skandinavien erwogen wurde: Aschheim, Donzdorf, Kirchheim /Teck und Mertingen.
Zeitstellung und Herkunft
Die Grabinventare dieser Fibeln gehören in die 2. Hälfte des 6. Jahrhunderts, noch vor den sog. "Horizont um 600 n. Chr.". Nach stilistischer Datierung sind die Fibeln gleich alt wie ihre zugehörigen Grabensembles, nur die Fibel aus Kirchheim /Teck ist knapp eine Generation älter. Nach ihren Verzierungselementen kann für die Fibel aus Kirchheim /Teck eine Herstellung in Skandinavien vermutet werden, und zwar eher auf den dänischen Inseln oder in Südschweden als auf Jütland. Bei den drei anderen Stücken handelt es sich um kontinentale Arbeiten nach skandinavischen Anregungen.
Soziale Einordnung
Zur Einschätzung des sozialen Status der Fibelträgerinnen werden die Inventare in das gängige, jedoch umstrittene System der Qualitätsgruppen von Christlein (1973) eingeordnet. Danach gehören Aschheim, Kirchheim /Teck und Mertingen der häufigen Qualitätsgruppe B an, Donzdorf ist ein Grab der sozial herausragenden Qualitätsgruppe C. Ergänzend wurde neu ein methodischer Weg skizziert, wie an Stelle des grob klassifizierenden Systems von Christlein die Gräber entlang einer aus dem Material selbst heraus entwickelten kontinuierlichen Skala taxiert werden könnten. Nach diesem System entspricht der Wert der Inventare von Aschheim und Mertingen dem üblichen Wert zeitgenössischer Frauen- und Männergräber, Kirchheim /Teck ist etwa um den Faktor 4 wertvoller, während Donzdorf den Wert von etwa 15 zeitgenössisch üblichen Gräbern repräsentiert.
Publikation in Vorbereitung
Vortrag beim Runen-Workshop in Schleswig, 3.-4. Februar 2011, im ZBSA Zentrum für Baltische und Skandinavische Archäologie. - Handout als PDF-Datei (2,8 MB).
F. Siegmund, "Jütländische" Bügelfibeln mit Runenritzungen im südgermanischen Bereich: Zeitstellung und Herkunft der Fibeln, soziale Einordnung der Grabinventare. In: Oliver Grimm / Alexandra Pesch (Hrsg.), Runen-Workshop Schleswig 3.-4. Februar 2011. Schriften des Archäologischen Landesmuseums, Ergänzungsreihe (Ms. angenommen, erscheint 2013). - Ms., 148 kB.